I. Randbögen und Quadranten
Die Randbögen stellen die sich verändernden Auf- und Untergangsorte (Azimute) der Sonne in deren Jahreslauf dar. In ihren Wanderungen durchläuft die Sonne zweimal diese beiden Horizontbereiche.
Die Auf- und Untergangsorte der Sonne an den nördlichen und südlichen Enden der Randbögen definieren zwangsläufig jeweils den kürzesten Tag bzw. die kürzeste Nacht des Jahres.
Durch die Teilung der Scheibe an deren Endpunkten entstehen vier relevante Sektoren.
Die so entstandenen Sektoren symbolisieren nunmehr ganz abstrakt und allgemein den Tag und die Nacht als solche.
Infolgedessen sind die in diesen beiden Sektoren liegenden Symbole und Randlöcher jeweils kontextuell mit Bezug auf Tag und Nacht zu interpretieren.
Wir haben es hier bereits mit einer "vorschriftlichen" systematischen Kategorisierung zu tun.
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Die beiden Randbögen kennzeichnen natürlich auch die Auf- und Untergangsorte des Mondes am Horizont. Allerdings fallen dessen Azimute nur zweimal in 18 Jahren mit denen der Sonne genau zusammen und stimmen dann exakt mit den Randbögen überein. Ansonsten übersteigt bzw. unterläuft der Mond diese Azimute um 5° zwischen sogenannter großer und kleiner Mondwende (s. Abb. 5).
Er pendelt sozusagen zwischen seinen extremalen Orten am Horizont und am Himmel. Weil dieses imaginierte Pendel gleichmäßig um die Sonnenwendpunkte schwingt, können wir für unsere Deutung getrost die Längen der Randbögen als die „durchschnittlichen“ Mondverläufe betrachten und auch benutzen.
Die beiden anderen, hier grün dargestellten Bereiche sind jeweils „Halbjahressektoren“. In diem Bereich wandert die Sonne jeweils ein halbes jahr auf und ab. Viele ihrer Symbole beziehen sich deshalb auf das Jahr als bedeutende Bezugsgröße.
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II Die Randlöcher
Die Scheibe war mit insgesamt 39 Randlöchern versehen. Diese Zahl ist grundlegend für die Gesamtdeutung.
Sie dient der Kalenderfunktion und anderen "Maßzahlen".
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Die Relevanz der Randlöcher am Beispiel einer Lunation
Auf der Abbildung ist der Horizont des längsten Tages, der Sommersonnenwende am 21. Juni, dargestellt. Infolge der Erddrehung überstreicht die Sonne scheinbar diesen Bereich. Für den Mond jedoch ist dies der Bereich, den er auch tatsächlich durchwandert – mit den oben erwähnten Über- und Unterschreitungen im Rahmen der Mondwenden. Hier können wir in 29,5 Tagen seinen vollständigen Gestaltwandel beobachten. Das nennen wir eine Lunation, einen Monat.
Die Himmelsscheibe weist für diesen Bereich 29 Randlöcher auf. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich sogar um „29,5 Löcher“ . Denn der nordöstliche Randbogen ragt um eine halbe Lochdistanz weiter in die nächste Lücke. Die Zählung beginnt nach Sonnenuntergang im Westen, dort, wo die erstmalige Sichtbarkeit des jungen Mondes nach dem Neumond stattfindet (auf dem Bild links). Bis heute ist es üblich, dort den Beginn des neuen Mondzyklus einzuordnen (wie z. B. im Islam).
Damit haben wir erstmals über den Mond die wahrscheinlichen Himmelsrichtungen der Scheibe festgelegt, so wie sie in dieser Deutung zweckmäßig genutzt werden.
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Symbolische Darstellung eines Jahres
Aufgrund unserer Aufteilung der Scheibe in Sektoren finden wir in dem nördlichen (Nachthimmel) nun insgesamt 12 Goldplättchen (gleich 12 Monate) und den kleinen Rest eines dreizehnten. Die Annahme, dass es sich hier um die vollständige symbolische Darstellung des Mondjahres (mit Bezug zum Sonnenjahr) handelt, ist nahe liegend. Die Konstrukteure haben sich dabei sogar einer gewissen „Begrifflichkeit“ bedient. Denn sie nutzten zwei Kategorien, zwei Klassen von „Zählern“: Löcher für die Tage und Plättchen für die Monate; diese werden bezeichnender Weise in völlig voneinander getrennten Bereichen platziert. Eine zufällige Anordnung und Übereinstimmung mit Daten des Jahres erscheint in dieser Konfiguration als äußerst unwahrscheinlich. Und selbst wenn sie es wäre, könnte man dieser Deutung die Plausibilität nicht versagen.
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